Das Bodhi Path Curriculum,
zusammengestellt von Shamar Rinpoche
Bodhi Path bietet ein Curriculum für eine Meditations- und Studienpraxis an, die in authentischen Dharma-Unterweisungen verankert ist und den Bedürfnissen und Bedingungen von Dharma-Praktizierenden der heutigen Zeit entspricht. Das Curriculum der Bodhi Path Zentren beruht im Wesentlichen auf den Unterweisungen des Geistestrainings (Tibetisch: Lojong). Das Geistestraining ist eine tiefgründige systematische kontemplative Praxis, mit deren Hilfe wir uns in Achtsameit, Bewusstheit und Einsicht in allen unseren Erfahrungen schulen, sei dies während der formellen Meditationspraxis oder im Alltag. Die entsprechenden Unterweisungen, die seit der Zeit des Buddha in einer ununterbrochenen Übertragungslinie von Meistern weitergegeben werden, sind in allen Bodhi Path Zentren verfügbar. Die Anleitungen dazu werden zusammen mit unterstützenden Meditationsunterweisungen und Studienthemen unterrichtet.
Der Basistext für das Bodhi Path Curriculum ist das von Shamar Rinpoche, Mipham Chökyi Lodrö. als Ratgeber für die Schritte des Geistestrainings verfasste Buch „Lojong – der buddhistische Weg zu Mitgefühl und Weisheit“. Diese Lojong- Unterweisungen folgen der Tradition von Gampopa (1079-1153), der die Kadampa-Lehren von Atisha mit den Mahamudra-Anleitungen des indischen Mahasiddha Saraha zusammenführte, womit er eine spirituelle Praxis prägte, die als die „Einheit der zwei Überlieferungen, d. h. jene der Kadampas und jene von Mahamudra“ bekannt ist (bka‘ phyag chu bo gnyis ‚dres). In den Bodhi Path Zentren wird diesen Lehren gemäß unterrichtet. Die Praxis sollte unter der Anleitung eines/einer qualifizierten Lehrers/in erfolgen.
Buddhistische Meditation bedeutet zunächst, unseren Geist so zu schulen, dass wir innere Ruhe und Klarheit finden. Auf dieser Grundlage werden wir dann fähig, die friedvolle Natur unseres Geistes und seine ihm innewohnende Weisheit zu verwirklichen. Der Basistext für die Meditationsanleitungen in den Bodhi Path Zentren ist, wie oben erwähnt, das von Shamar Rinpoche verfasste Buch ‚Lojong – ein Weg zu Mitgefühl und Weisheit‘. Gemäß diesem Handbuch werden dabei in den Bodhi Path Zentren für das Erlernen von Meditation folgende Schwerpunkte gesetzt:
1.
Die vier Kontemplationen, die den Geist auf die spirituelle Praxis hin ausrichten: das kostbare menschliche Leben, Vergänglichkeit, Karma und das Leid des Daseinskreislaufs.
2.
Zuflucht und die Qualitäten der drei Juwelen: Buddha, Dharma und Sangha; gemäß dem Sutra „Das Vergegenwärtigen der Qualitäten der drei Juwelen“ sowie Taranathas Kommentar dazu.
3.
Die Meditation der Geistesruhe (tibetisch: Shine, Sanskrit: Shamatha) bzw. das Entwickeln von Weisheit und Mitgefühl.
4.
Die Meditation der Einsicht (Tibetisch: Lhagthong, Sanskrit: Vipashyana); die Meditation auf die ungeborene Natur des Geistes.
5.
Die Meditation des „Gebens und Nehmens“ (Tibetisch: Tonglen); die Einheit von relativem und absolutem Bodhicitta.
Zusätzliche Punkte dieses Geistestrainings, ebenso gemäß dem Buch ‚Der buddhistische Weg zu Mitgefühl und Weisheit‘:
- Das Umwandeln von Schwierigkeiten in den Pfad des Erwachens
- Das Geistestraining in den Alltag integrieren
- Der Maßstab für die Übung des Geistes
- Verpflichtungen des Geistestrainings
- Ratschläge zum Geistestraining
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Die Hauptpraxis, die in den Bodhi Path Zentren geübt wird, orientiert sich somit an diesem Geistestraining (Tibetisch: Lojong). Die Grundlage dafür ist die Meditation der Geistesruhe. (tibetisch: Shine, Sanskrit: Shamatha), die es uns ermöglicht, inneren Frieden, Stabilität und Konzentration zu erlangen. Mit einem ruhigen und klaren Geist können wir uns dann in der Meditation der Einsicht üben (tibetisch: Lhagthong, Sanskrit: Vipashyana), bei der wir die wahre Natur des Geistes erforschen. Mit Hilfe der Übungen der Geistesruhe und Einsicht können wir die Beeinträchtigungen des Nichtwissens und der Täuschungen überwinden, die uns davon abhalten, jenen Frieden und jene Klarheit zu erfahren, die unserem Geist von jeher zu eigen sind.
In Ergänzung zu den oben dargestellten Hauptübungen des Geistestrainings (Lojong), der Geistesruhe und Einsicht, werden in den Bodhi Path Zentren weitere meditative Übungen unterrichtet, die unseren Weg der Geisteschulung unterstützen. Diese Übungen können uns helfen, die karmischen Eindrücke von negativen Handlungen, Gewohnheitsmustern und karmische Beeinträchtigungen zu lösen, Verdienst aufzubauen, Mitgefühl zu entwickeln und das Positive der Praxis zum Wohlergehen aller Wesen zu widmen. Folgende Übungen können dafür angewandt werden:
- 35 Buddha-Praxis (beruhend auf dem „Sutra der drei Anhäufungen“)
- Chenresig-Praxis (Sansk. Avalokiteshvara)
- Dorje Sempa-Praxis (Sansk. Vajrasattva)
- Bodhisattva-Wünsche bzw. die Wege des Strebens von Samantabhadra. (tib. mönlam, Sansk. pranidhana)
Für diese Übungen sind Erklärungen und Unterweisungen von qualifizierten Lehrern /Lehrerinnen erforderlich. Die entsprechenden Übungen werden vom Praktizierenden zuhause als persönliche Praxis durchgeführt.
Weitere ergänzende und vertiefende Praxismöglichkeiten, die mit Hilfe des Hauptlehrers/der Hauptlehrerin je nach Fähigkeiten und Bedürfnissen der Schüler/innen ausgewählt werden können:
- Weiterführende Chenresig-Praxis (Avalokiteshvara)
- Buddha Amitabha-Praxis (hierfür ist eine Ermächtigung und Übertragung erforderlich)
- Karma Kagyü Mahamudra-Praxis (der Praxisweg der Karma Kagyü-Tradition)
- Kagyü Mahamudra-Praxis (der Praxisweg der Kagyü-Tradition, beruhend auf dem Segen, wie man ihn mithilfe des Gebets an Vajradhara und die Linienhalter erfährt; tib. Dorje Tschang Tungma)
- Die höchste Erleuchtungspraxis (die Praxis der Übertragungslinie).
in in Achtsamkeit verankertes ethisches Verhalten bildet die Grundlage für den Pfad des Erwachens. Ein Grundverständnis dieses Wegs sowie unsere Achtsamkeit ermöglichen uns zu erkennen, welche unserer Motive und Handlungen unsere Entwicklung auf diesem Pfad unterstützen und welche kontraproduktiv sind. In den Bodhi Path Zentren werden die Unterweisungen zu Grundverständnis und Ethik des Buddhismus auf der Basis des Buchs: „Der kostbare Schmuck der Befreiung“ von Gampopa gegeben, in dem u.a. folgende Themen behandelt werden:
Kap. 1: die Buddha-Natur. Hier geht es um unser ‘Geburtsrecht’: Wir alle haben das Potential des Erwachens, weil die Buddha-Natur jedem Lebewesen innewohnt.
Kap. 2: die konkrete Grundlage für den geistigen Weg. Hier geht es darum, den Wert unseres kostbaren menschlichen Lebens zu begreifen, das es uns ermöglicht, den Weg des Erwachens zu gehen.
Kap. 3: die erforderliche Bedingung für einen spirituellen Fortschritt. Hier geht es um die Wichtigkeit eines spirituellen Lehrers/einer spirituellen Lehrerin auf diesem Weg.
Kap. 6: Karma und seine Auswirkungen. Hier geht es um das Verständnis von Handlungen, im Besonderen um die zehn heilsamen und die zehn unheilsamen Handlungen.
Kap. 9-11: Bodhicitta und das Bodhisattva-Gelübde ?
Kap. 12-17: die sechs Vollkommenheiten (Paramitas). Hier geht es um die transzendierenden Qualitäten von Geben, Ethik, Geduld, freudiger Anstrengung, meditativer Konzentration und Einsicht/Weisheit.
Kap. 20-21: Buddhaschaft, der erwachte Zustand. Hier geht es darum, ein Verständnis des Buddha-Zustands und der Dimension des hilfreichen Wirkens eines Buddha zu entwickeln.
Zur Vertiefung unserer Meditationspraxis ist es hilfreich, die buddhistische Sicht der Wirklichkeit zu studieren. Das Betrachten und Begreifen der Natur der Gegebenheiten und unserer Erfahrungen eröffnet uns den Zugang zu jenem riesigen Reichtum von Weisheit, den wir von jeher in uns haben. Dies hilft uns einerseits, die Abläufe unseres Bewusstsein im alltäglichen Leben immer besser zu verstehen und andererseits, eine in die Tiefe gehende Meditationspraxis zu entwickeln, durch die wir schließlich Erkenntnis erlangen können.
Die folgenden Themen aus dem Bereich des buddhistischen Abhidharma (d. h. Erklärungen zur Wirklichkeit) werden in den Bodhi Path Zentren anhand des Textes „Tor zum Wissen“ (derzeit nur der 1. Band auf Deutsch erhältlich, sonst auf Englisch: Gateway to Knowledge) von Mipham Rinpoche unterrichtet. Sie inspirieren und zeigen konkrete Wege auf, wie man sich von Täuschung lösen kann.
- Die fünf körperlich-geistigen Grundbestandteile unseres Daseins (Sanskrit: Skandhas).
- Form und die verschiedenen Funktionsweisen des Bewusstseins, auf deren Grundlage sich unsere Ich-Identität immer weiter fortsetzt.
- Die einundfünfzig geistigen Ereignisse.
- Das vierte Skandha, d. h. die Formkräfte, im Detail.
- Die achtzehn geistigen Samen. Wie die Sinne – unsere Wahrnehmung der Welt und unsere Interaktion mit ihr – sowie die verschiedenen Funktionsweisen des Bewusstseins zur Fortdauer der Wiedergeburten im Daseinskreislauf führen.
- Die zwölf Quellen der Sinne. Die Art wie die Sinne und die Wahrnehmungen entstehen und sich ausdehnen (erklärt anhand der Sautantrika-Lehrmeinung)
- Das zwölffache Entstehen in Abhängigkeit. Wie Unwissenheit unweigerlich die Kettenreaktion samsarischer Leben auslöst (erklärt aus der Perspektive des Mittleren Wegs, d. h. der Madhyamaka-Philosophie).
- Karma- Erklärungen über die sechs Ursachen und die vier Bedingungen, die zusammenwirken.
- Die vier edlen Wahrheiten (im Detail). Samsara im Sinne seiner Ursachen (die Wahrheit der Ursachen) und Auswirkungen (die Wahrheit des Leidens).
- Nirvana mit seinen Ursachen (die Wahrheit des Wegs) und der Wirkung (die Wahrheit des Beendens von Leid).
- Die zweiundzwanzig Fähigkeiten.
- Die phänomenologischen Fähigkeiten, die die Erfahrungen unseres Lebens bestimmen.
- Die drei Yanas und die fünf Wege. Die drei Fahrzeuge bzw. Vorgehensweisen in der buddhistischen Praxis und die fünf Etappen der geistigen Entwicklung.
- Das Bedingte und das Nicht-Bedingte. Erklärungen zu bedingten Gegebenheiten, d. h. zu all dem, was durch das Zusammenwirken von Ursachen und Bedingungen entsteht, besteht und vergeht. Erklärungen zu dem, was nicht bedingt ist.
- Zeit und ihre Funktionsweise
- Relative und absolute Wirklichkeit. Erklärungen beruhend auf dem Shantarakshita Text “Der Schmuck des Madhyamaka” (derzeit nur in Englisch erhältlich: The Madhyamaka Ornament)
- Wahrnehmung. Direkte richtige Erkenntnis und schlussfolgernde richtige Erkenntnis (d. h. buddhistische Erkenntnistheorie, bzw.
- Erklärungen zum Geist und seinen Funktionsweisen)
- Die Stufen der meditativen Konzentration.
- Die Stufen der meditativen Konzentration im Kontext der Grundlage. Die Erklärungen beruhen auf dem 8. Kapitel von Vasubandhus Abhidharmakosha, „The Compendium of Higher Knowledge of Phenomena“
- Weisheit. Ursprüngliche Weisheit (Gnosis) im Kontext der Frucht, die Erkenntnis, die sich als Ergebnis manifestiert. Die Erklärungen beruhen auf dem 7. Kapitel von Vasubandhus Abhidharmakosha, „The Compendium of Higher Knowledge of Phenomena“.